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Ihre Einladung zu der heutigen Mitgliederversammlung hat mich erfreut, und ich habe

sie gerne angenommen. Denn in Deutschland ist das Interesse am so problematischen

Geschehen in Südafrika sehr weitgehend abgestorben. Zwar berichtet die

„Informationsstelle südliches Afrika“ weiterhin regelmäßig in ihrem früheren Kampfblatt,

das sei der Machtumkehr (1994) jedoch sehr informativ geworden ist. Aber auch dieses

Periodikum berichtet kaum über die in ihrer Existenz bedrohte Minderheit der Afrikaaner.

Anders die wohl noch vorhandenen rechtsradikalen, weiterhin apartheidtreuen Zirkel

(Coburg) in der im Übrigen untergegangenen Deutsch-Südafrikanischen Gesellschaft,

über deren Wirken jedoch nichts nach außen dringt.

 

Die Medien, die politischen Parteien, die evangelischen Kirchen, die politischen

Stiftungen, sie alle haben die unvorstellbaren Schwierigkeiten einer Neuordnung des

Landes in den 70er, 80er und den frühen 90er Jahren schlichtweg für ihre Zwecke

missbraucht. Am deutlichsten war das im Bonner Auswärtigen Amt auszumachen: der

dort 18 Jahre diensttuende Hans-Dietrich Genscher war unter Bundeskanzler Helmut

Schmidt (1974-1982) kaum mehr als ein armer Schlucker. Von Laienschauspielern

(Günter Verheugen, Hans-Joachim Vergau u.v.a.) beraten, durfte er sich nach außen

hin, lange Jahre nur mit den Staaten südlich der Sahara, darunter vor allem den von

rassistischen Minderheiten regierten Namibia und Südafrika befassen. Mit dem

Wechsel des Koalitionspartners am 01.10.1982 wurde Genscher dann zu der alles

beherrschenden Gestalt im deutschen Bundeskabinett. In Erinnerung daran, dass der

damalige südafrikanische Außenminister Pik Botha in Anwesenheit von u.a.

Außenminister David Owen (UK) und Außenminister Cyrus Vance (USA) ihn am

17.10.1978 ausgelacht hatte und darauf die beiden Letzteren statt sich mit Genscher zu

solidarisieren ihn aus allen Verhandlungen über die Zukunft Namibias (und Südafrikas)

ausgeschlossen hatten, blieben ihm die Afrikaaner verhasst. In Abkehr von allem, was

sich CDU und CSU zuvor zu einer Neuordnung der Herrschaftsverhältnisse in Namibia

und Südafrika erarbeitetet hatten, schwenkten beide Unionsparteien mit der Wahl von

Helmut Kohl zum Bundeskanzler (01.10.1982) auf den opportunistisch – dilettantischen

Kurs ihres Außenministers ein. Das war Teil des von ihnen zu zahlenden Preises für die

Begründung der neuen CDU/FDP/CSU Koalition (1982-1998).

 

Bis zum Ende des Kalten Krieges (ab 1985) blieb die Überwindung der rassistischen

Ordnungen (Apartheid) in Namibia und Südafrika einer der gefährlichsten Brennpunkte

des internationalen Systems. In einem Interview mit dem (nicht sonderlich

konservativen) Deutschen Allgemeines Sonntagsblatt (Hamburg, 10.07.1977) warnte

der SPD Geschäftsführer Egon Bahr hier vor der Gefahr des dritten Weltkrieges. Er

redete für das neue Südafrika „einem bisher unbekannten Modell des gleichberechtigten

Zusammenlebens mit besonderen Schutz für Minderheiten“ das Wort. Ausdrücklich

widersprach er einem System des one man one vote, d.h. schlichte Machtumkehr von

der weißen Minderheit auf die übergroße schwarze Mehrheit. Mit einer Ausnahme

wurden die Thesen von Egon Bahr von allen Akteuren der deutschen Politik übersehen.

Die Ausnahme stammte von dem führenden Liberalen, Otto Graf Lambsdorff, der in

dem Journal „Quick“ (München, 31.07.1986) vorschlug, „ein wahrscheinlich im

westlichen Kap gelegenes Afrikaaner-Israel zu schaffen, also eines selbständigen

Staates, der den weißen (und braunen) Afrikaanern für den Fall als Fluchtburg

dienen wird, dass sie im Übrigen mehrheitlich schwarzen Südafrika eine

Zukunft für sich nicht mehr sehen. Beiläufig sei angemerkt, das Lambsdorff derselben

deutschbaltischen Minderheit in Kurland/Lettland angehörte wie ich, sein gelegentlicher

Mitarbeiter. Sie wurde bekanntlich im Oktober 1939 umgesiedelt bzw. später nach

Sibirien zwangsdeportiert.

 

Die Freigabe Namibias und anschließend die Abkehr von Apartheid in Südafrika selbst

erzwangen dann in den späten 80er und frühen 90er Jahren die Regierungen in London

und Washington sowie, jetzt die beiden Vorgenannten unterstützend, auch die

Verantwortlichen in der Sowjetunion bzw. Russland. Ziel dieser vornehmlich von dem

ebenso brutalen wie genialen britischen Botschafter Sir Robin Renwick („Sir Robin – His

Excellent Excellency“) geprägten interventionistischen Diplomatie war, die Regierung

des letzten weißen Staatspräsidenten (F.W. de Klerk) zu veranlassen, mit den

Oppositionsparteien, darunter vornehmlich dem African National Congress (ANC), eine

neue Verfassung auszuhandeln. Nicht aber, wie von Genscher und den meisten

anderen Akteuren gefordert, die Kapitulation der Regierung der weißen Afrikaaner. Das

letzteres dann 1993 dennoch geschah, war in erster Linie auf das Versagen de Klerks

und seiner Mannschaft zurückzuführen. Denn de Klerk, ein durch und durch

konservativer Politiker, war in Nichts auf diese Verhandlungen vorbereitet. Er scheiterte

also an sich selbst, nahm an ihnen kaum noch teil und konzentrierte sich stattdessen

auf eine fragwürdige Neuordnung seines Ehelebens. Die Folge war, dass sich die

Verhandlungsparteien in den Jahren 1991-1993 für ihr Land auf eine Verfassung

einigten, die sich voll an das deutsche Grundgesetz anlehnt. Dafür sorgten die zahllosen

deutschen Verfassungsrechtler, die von Großbritannien jetzt wieder zugelassen!, alle

Akteure berieten. Auch die deutschen Berater warfen nicht die auf der Hand liegende

Frage auf, ob eine Übertragung des deutschen Grundgesetzes auf ein Land mit

unendlich tief gespaltener Bevölkerung, die noch dazu nicht über eine rechtsstaatliche

und demokratische Kultur verfügt, erfolgreich sein kann. Einmal mehr dürfte man im

britischen Foreign and Commonwealth Office wie schon nach dem Rauswurf Genschers

am 17.10.1978 gespottet haben. „We were not always happy with what the Germans

said“.

Foto: Otto Graf Lambsdorff (links) mit dem Autor.

Mit dem Machtwechsel von dem im Grunde reaktionären Schwächling F.W.de Klerk zu

der Lichtgestallt Nelson Mandela (Mai 1994) verloren die Afrikaaner ihre herausragende

Stellung. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts hatten sie teils ohne, teils mit anderen weißen

Südafrikanern das Land regiert. Jetzt aber waren sie in einem Land von heute über 50

Mio. Einwohnern nur noch eine etwa 5% umfassende, politisch ohnmächtige Minderheit.

Die anderen ethnischen Gruppen umfassen 80% schwarze, 9% gemischtrassige, 3%

indienstämmige und ca. 4% englisch-, portugiesisch-, und deutschsprachige Afrikaner.

Mit der Regierungsverantwortung von 1994 schulterte der ANC eine Aufgabe die wohl

auch jede andere Partei in einem Xbeliebigen Land der Erde überfordert hätte. Der ANC

ist an ihr nicht nur gescheitert, er ist kläglich gescheitert. Mitverantwortlich sind

allerdings vor allem westliche Akteure, die dem siegreichen ANC noch stets mit einem

Übermaß an politscher Korrektheit begegneten. So sei nur an das (vergebliche)

Bemühen des seinerzeitigen deutschen Botschafters (1992-1994) Hans-Christinan

Ueberschaer erinnert, dem ANC zum Beobachterstatus bei der Europäischen

Volkspartei (EVP) zu verhelfen.

 

Das neue Südafrika hat die nach Jahrzehnten des Kampfes sich bietende Chance zu

einem Neubeginn nicht genutzt! Denn außer einer kleinen, sich drastisch bereichernden

schwarzen Elite, haben alle ethnischen Gruppen verloren!

Krebsschaden der Politik des ANC ist seine Politik der affirmative action. D.h., dass die

Arbeitsplätze im Staatsdienst auf allen Ebenen (also incl, Neueinstellungen) gemäß

dem Bevölkerungsproporz zu vergeben sind. Das hieß zunächst, dass möglichst sehr

viele in der Regel afrikaanssprachige Beamte des alten Regimes möglichst schnell zu

entlassen waren, ohne dass qualifizierte Nachfolger bereitstanden. Denn in Apartheid

Südafrika waren sie insbesondere in allen technischen Bereichen nicht ausgebildet

worden. Und der schlicht katastrophale Niedergang des gesamten Schulwesens, den

einzig der ANC und seine Allianzpartner  SACP (South African Communist Party) und

er Gewerkschaftsdachverband Cosatu (Congress of South African Trade Unions) zu

verantworten haben, hat verhindert, über mehr als Jahrzehnte lang Versäumtes

nachzuholen. Das betraf mehr oder weniger alle Bereiche auf Kommunal-, Provinz- und

nationaler Ebene. Etwa bei der Polizei, beim Zoll, beim Grenzschutz, in den

Streitkräften, in der Universitäten, im Krankenhauswesen, bei der

Trinkwasseraufbereitung und der Entsorgung von Abwässern usw. In manchen Fällen

ließ sich der Schaden dadurch begrenzen, dass die abgehalfterten Staatsbediensteten,

gegen Zahlung eines zweiten Gehalts!, dem neuen Stelleninhaber als Berater dienten.

Dennoch sind die Leistungseinbrüchen in nahezu allen Zweigen des öffentlichen

Dienstes katastrophal.

Am bekanntesten wurde das für die Polizei. Die unverändert in ihrer Berichterstattung

erstaunlich freien Medien lesen sich heute wie Kriminalstatistiken: Morde (incl. Morde

an Farmerfamilien und Farmarbeitern), Entführungen von Fahrzeugen,

Vergewaltigungen, Raubüberfälle, schwere Einbrüche und andere Gewaltverbrechen.

Sie werden häufig von extremer und sinnloser Gewaltanwendung begleitet. Das

Unvermögen der Arbeit von Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten oder

Korruption führen häufig dazu, dass erschreckend viele Delikte ungeahndet bleiben.

 

Viele Staatsbetriebe wie ESCOM, TRANSNET, SAL und andere sind hoffnungslos

überschuldet, nachdem ihre neu ins Amt gekommenen Mitarbeiter riesige Beträge

veruntreut oder anderweitig auf Seite gebracht haben.

Bislang weist die private Wirtschaft relativ geringere Leistungseinbrüche auf.  Und wo

dies gleichwohl geschehen ist, trifft es die Afrikaaner weniger hart. Das ist zum einen

darauf zurückzuführen, dass, anders als im öffentlichen Bereich, die Politik der

affirmative action mit Rücksicht auf einheimische und ausländische Investoren in der

Wirtschaft bislang weniger rabiat durchgezogen wurde. Und dennoch ist es heute selbst

für einen hochqualifizierten männlichen afrikaanssprachigen Schul- oder

Universitätsabsolventen oft sehr schwierig, eine adäquate Anstellung zu finden. Und

zum anderen liegen die anspruchsvolleren Tätigkeiten nicht in den Händen von

Afrikaanern sondern englischsprachigen Weißen, von indienstämmigen Südafrikaner

und Ausländern.

 

Schwerwiegend ist ferner die blutrünstige Kriminalität auf den noch etwa 20.000

Großfarmen (commercial farms). In den letzten Jahren kam es tagtäglich zu

bewaffneten Angriffen und deutlich mehr als wöchentlich einem Mord an Farmern, deren

Familienangehörigen oder Farmarbeitern. In sehr vielen Fällen werden die Opfer zuvor

sinnlos und bestialisch gequält. Die Zahl dieser Straftaten wäre noch viel höher, suchten

Farmer sich nicht durch private Sicherheitsdienste zu schützen. Viele von deren

Aktivitäten werden durch die inzwischen sehr mitgliederstarke (ca. 200.000)

Bürgerrechtsbewegung Afriforum oder durch Farmerverbände koordiniert. Nicht nur in

Deutschland verhindern Opportunismus und Hilflosigkeit zu erkennen, dass hier ein

Inferno droht.

Wie ein Damoklesschwert hängt über den Farmern außerdem die immer wieder einmal

ausgesprochene Drohung radikaler Kreise im ANC wie auch der ANC-Absplitterung

EFF (Economic Freedom Fighters), die Farmen nach simbabwischem Vorbild

entschädigungslos zu enteignen. Beiläufig sei erwähnt, dass von den einst blühenden

  1. 4.000 Farmen in dem nördlichen Nachbarland heute nur noch ca. 400 existieren.

D.h. das 90% des simbabwischen Großfarmen in den letzten knapp 30 Jahren zu

Ödland verkommen sind. Einen großen Unterschied wird es zu Südafrika dennoch

geben, sollte auch dort eine rabiate Landreform durchgeführt werden: Die

südafrikanischen Farmer werden ihre Besitzungen nicht kampflos aufgeben. Auch hier

können die von dem Dichter und langjährigen politischen Häftling Breyten Breytenbach

befürchteten „ungezählten Varianten der Barbarei“ ihren Anfang nehmen. Allerdings

werden diese Gefahren nicht nur von den deutschen Medien weitgehend ignoriert.

In Fortführung ihres inzwischen über einhundertjährigen Kampfes gegen weiße

Dominanz, gleichgültig ob nun englisch- oder afrikaanssprachig sind militante

Untergruppen im ANC heute bemüht, den Einfluss der modernen, sprich „weißen“,

Verkehrssprachen zurückzudrängen. Denn in ihnen wird ein Relikt der Kolonial

/Apartheidzeiten gesehen. Deutlich wurde das insbesondere in den letzten Monaten des

Jahres 2016, als Studenten und nichtstudentische Aktivisten den Lehrbetrieb an allen

südafrikanischen Universitäten lahmlegten. Vieles von diesen Aktionen erinnerte an die

chinesische Kulturrevolution im vorherigen Jahrhundert! Allerdings verfügt Südafrika

nicht auch nur entfernt über die Fachkräfte, über die China im reichen Maß verfügte,

das Zerstörte wieder aufzubauen.

 

Besonders schmerzlich berührt Afrikaaner, weitgehend unabhängig von ihrer

politischen Orientierung, jetzt, dass ihre Sprache in der Folgezeit selbst an der

Universität Stellenbosch, zuvor die intellektuelle Hochburg der Afrikaanertums,

verdrängt wurde. Konkret: statt in Afrikaans werden jetzt alle Vorlesungen usw. an

sämtlichen Universitäten in Englisch gehalten. Vorrauseilender Gehorsam der

Führungsgremien der Universitäten verstärkte die Forderungen der rebellischen

Aktivisten. Neben Afrikaans ist natürlich auch Englisch die Sprache der weißen

Unterdrücker. Dennoch forderten selbst die militantesten Demonstranten dessen

Verdrängung nicht. Denn Englisch, nicht aber Afrikaans ist eine der wenigen

Weltsprachen und daher nicht verzichtbar.

Bereits seit Mai 1994 hatte Afrikaans u.a. in den Schulen aller Ebenen und im Verkehr

mit den Behörden zunehmend einen Niedergang zugunsten des Englischen zu

verzeichnen. So läuft die Sprache der Afrikaaner Gefahr, von einer lebendigen Sprache

des 21. Jahrhundert zu einer Küchensprache zu verkümmern. Hier wird besonders

deutlich, dass die Afrikaaner nach 350 Jahren zu Fremden im eigenen Land geworden

sind.

 

Alles Vorstehende verdeutlicht, weshalb im April 2017 zwei der drei großen

amerikanischen  Rating-Agenturen, Standard & Poor´s und dann auch Fitch, die

Kreditwürdigkeit Südafrikas aus Ramschniveau herabgestuft haben. Dafür reichte aus,

dass der im Ausland hoch angesehene Finanzminister Pravin Gordhan (ANC) abermals

durch den Präsidenten Jacob Zuma entlassen worden war.

Das Thema meines Vortrages und die fortgeschrittene Zeit lassen es nicht zu, mit Ihnen

nach Wegen zu suchen, den Untergang eines ganzen Volkes zu verhindern.

Stattdessen verweise ich Sie auf meinen Offenen Brief an den im besten Sinn

konservativen, vor wenigen Jahren verstorbenen Carel Boshoff Sen.. Sie finden ihn in

deutscher und in afrikaanser Sprache in den Nuusbrief van die Orania Beweging vom

  1. März 2017 („Hat Orania eine Chance?“ – „Het Orania ´n kans?“). Dies zusammen

mit einer Einführung durch meinen Freund Generaal Constand Viljoen.